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Die Gasversorgung im alten Zerbst

Vertrag über die Gaslieferung

für die Kandelaver im Bereich der wilhelminischen Kasernen, abgeschlossen vom damaligen Besitzer Rudolph Glöckner im Jahre 1903.

Von der „Gasanstalt“ zu der Gasstadtwerke Zerbst GmbH (Helmut Hehne)

Geschichtlicher Abriss der Gasherstellung und -versorgung der Stadt Zerbst

Um das Jahr 1600 verwendete der niederländische Arzt und Chemiker Johann Baptist van Helmont (1577 bis 1644) den Begriff Gas, welcher vom griechischen
„Chaos“ abgeleitet ist. Auch der Koks wurde entdeckt und hergestellt. 1682 bemerkte Becher die Brennbarkeit des Steinkohlengases Im Jahre 1691 dann erschütterte
der Wissenschaftler Robert Boyle mit seinem Gasgesetz die Alchemisten.
Erst 1792 erfand dann Murdock die Steinkohlen – Gasbeleuchtung.
Die Geburtsstunde der Beplanung des ersten Zerbster Gaswerkes liegt im Jahre 1860. Anschließend war der Baubeginn im Jahre 1862.Gleichzeitig wurden die ersten „Gaslaternen“ in Zerbst aufgestellt, damit mit der Erzeugung von Stadtgas die ersten Straßenlampen brannten. Das eigen erzeugte Gas stand am 18. Mai 1864 zum ersten Mal zur Verfügung und
wurde dann im folgenden Monat Oktober in das Gasrohrnetz geleitet.
Es waren zwei Dessauer Unternehmer mit Namen Brest & Glöbke, welche bereits umfangreiche Verbindungen mit der Continental-Gas Gesellschaft in Dessau hatten,
diese errichteten das Gaswerk in der Dessauer Straße auf dem historischen Pfannenberg. Es handelt sich um die dortige Flurbezeichnung und bekam von der Stadtverwaltung die Anschrift: Dessauer Straße 6a.
Der Bau der „ Zerbster Gasanstalt“ dauerte vier Jahre. Die Verlegung des Rohrnetzes in der Stadt begann bereits im Jahre 1861, also heute im Jahre 2009 vor
148 Jahren.
Dann wechselte im Jahre 1874 der Eigentümer, welcher den Namen trug, Firma Sandkuhl – Hammer & Co. Eine erste Beleuchtung mit Gas erstrahlte am 4. Mai 1900 im Konzertgarten der Gaststätte Friedrichsholz. (heute leider nicht mehr bestehend)

ehem. Tankstelle Dessauer Str. 1945

Bereits vier Jahre später erwarb dann das Unternehmen Rudolf Glöckner & Co die Zerbster Gasanstalt. Am 1. Juli 1905 übernahm die Stadt Zerbst für 300 000 Mark von den vorstehenden Unternehmern das Gaswerk, womit eine Verbesserung und Modernisierung der Anlagen von statten ging. Gleichzeitig etwa 1916 erfolgte der Bau des Gleisanschlusses für die Firma Franz Braun, wo das Städtische Gaswerk einen Abzweig erhielt. Somit konnte die zur Gaserzeugung notwendige Steinkohle vor Ort entladen werden. Die Transporte mittels Pferdewagen zur Dessauer Straße entfielen damit.
1911 dann der Neubau eines Gasometers. Der 2000 m⊃3; Kessel wurde durch einen größeren mit 4000 m⊃3; Fassungsvermögen neu errichtet. Im Weiteren, so 1924 machte sich aus rein finanziellen Gründen die Einstellung der Eigenerzeugung und der Bau einer Versorgungsleitung von Dessau nach Zerbst notwendig.
Beim Bombenangriff auf unsere Stadt wurde der „Gaskessel“, wie er im Sprachgebrauch genannt wurde, am 16. April 1945 stark beschädigt.
Erst drei Jahre später, am 14. März 1948, konnte die Wiederaufnahme der öffentlichen Gasversorgung in der Stadt Zerbst stundenweise sichergestellt werden. Um in der Stadt die Beleuchtungsverhältnisse in den teilweise zerstörten Straßen etwas zu verbessern, konnten die Mitarbeiter aus Altbeständen noch 35 Gaslaternen installieren. Der damalige ehemalige Gaslaternenbrenner vom Rosenwinkel stammte noch aus dem Jahre 1864.

Die Münze wurde gegen Bargeld

erworben und anschließend in die in der Wohnung installierte Gasuhr eingesteckt. Für einen bestimmten Wert konnte Gas bezogen werden.

Weitere Versorgungsschwierigkeiten leiteten im Winter des Jahres 1951/52 eine komplizierte Situation ein. Es hatte eine Kälteperiode gegeben, welche an viele
Unternehmen hohe Ansprüche an die Betriebsbereitschaft ihrer Anlagen stellte. So auch beim noch funktionierenden Gaskessel der Stadt Zerbst. Das Wasser zwischen den einzelnen Teleskopen war eingefroren und somit konnten sich die Geschosse bei unterschiedlichen Druckverhältnissen, nicht mehr ausdehnen. Da war Hilfe notwendig. Eine Dampflokomobile der Firma Wendler wurde herbeigeschafft und angefeuert. Die nicht so große Menge erzeugten Dampfes wurde in das Wasser der Geschosse mittels Dampfschläuchen geleitet. Im 3-Schicht- Rhythmus wurde dieses Ungeheuer befeuert. Steinkohle war knapp, aber Briketts standen zur Verfügung.
Ursache des Einfrierens war, dass auf der Wasserfläche, welche als Dichtungsmittel fungierte, eine nicht genügend starke Ölschicht vorhanden war. Aber auch durch das Gaspersonal die nicht ausgeübte Überwachungspflicht, muss hier gesagt sein. Dadurch kam das Wasser zum Erstarren.
Nach ungefähr 10 Heizungstagen polterte es und das Eis war gebrochen, die einzelnen Eisstücken wurde heruntergeworfen, neues Wasser aufgefüllt.
Das noch heute stehende kleine Heizhaus, mit einem Gliederkessel bestückt, wurde ebenfalls nicht richtig nachts befeuert. Jedenfalls war der Gaskessel durch die Mithilfe von Kollegen der elektrotechnischen Betriebsstelle wieder funktionstüchtig.
Zwei der Zerbster „Gasmeister“, die Tag und Nacht für ihren Versorgungsbetrieb immer zur Stelle waren wenn sie gefordert wurden, waren der Meister Röscher, Meister Albrecht und der Obermonteur Anton Reichelt.

Seit der Neufestlegung der politischen Bezirke, kam die Betriebsstelle Elektro- und die Betriebsstelle Gas zum damaligen Energieversorgung Magdeburg, Netzbetrieb Schönebeck. Die historisch gewachsenen Verbundenheiten mit den Dessauer Kollegen, waren jedoch noch lange vorhanden. 1985 erfolgte dann die Stilllegung und der Abbruch des Gaskessels. Durch umfangreiche Baumaßnahmen in den 50er Jahren wurden die ehemaligen Gebäude die zur Herstellung von Stadtgas dienten, zu Bürozwecken umgewandelt. Es hatte sich inzwischen der VEB Magdeburger Wasser und Abwassergesellschaft auf dem Grundstück angesiedelt.

Ofenhaus

des alten Gaswerkes vor 1945

Nach dem nun gesetzlich vorgeschriebenen Rückführungsvertrag bekommt die Stadt Zerbst 49 % ihres Anlagevermögens. Diese Regelung entspricht einem von der Regierung unter de Maiziere ausgehandelten Vertrag. 51 % erhalten die Kommunalversorger (damals noch Treuhandvermögen).
Am 20. März 1992 erfolgte endlich die Unterzeichnung des Vertrages mit der Thüga. Die Stadt Zerbst gründete nun gemeinsam mit dem neuen Unternehmen, die „Thüga AG“ (Thüringer Gasgesellschaft), am 20. März 1992 in München die „Gaststadtwerke Zerbst GmbH“ mit je 50% der Stimmrechte (2 % bekam die Stadt vom neuen Vertragspartner übereignet)
Jetzt war es die wichtigste Aufgabe, den Aufbau einer neuen und sicheren Gasversorgung. Dieser ging mit eiligen Schritten voran. Dazu notwendig waren ein neuer Versorgungsring um die Stadt, eine neue Gasübernahmestation und fünf kleinere Reduzierstationen. Schon im Laufe des Jahres 1993 waren 4,5 km neue Rohrleitungen verlegt. Die Verluste der veralteten Leitungen lagen bei 730 Leckstellen, wo das Gas ins Erdreich gelangte und auch gefährlich war. Die nun notwendige Umstellung von Stadtgas auf Erdgas musste schnellstens vorbereitet werden, denn die Lieferung von Stadtgas aus der Großgaserei Magdeburg war zeitlich begrenzt. Die komplette Umstellung der Stadt wurde vorbereitet, ein Info – Büro eingerichtet und mit der Hilfe von vielen Installationsfirmen für Druckleitungen wurde die Umstellung auf Erdgasbetrieb von der 42. bis zur 46. Kalenderwoche im Jahre 1992 durchgeführt. Insgesamt wurden durch die Gasstadtwerke Zerbst GmbH
in den Jahren 1992 bis 1998 etwa 17 Millionen DM für Investitionen ausgegeben.

Heute ist nur noch: das Ofenhaus vorhanden und wurde durch die Wohnungsbaugenossenschaft „Frohe Zukunft“ zu modernen Wohnungen umgewandelt. Das Apparatehaus, der Standort des kleineren Gasometers, der Standort des 4000 cbm großen Gasometers, die Werkstatt, das Anschlussgleis und die weiteren Standorte unter der Erde wie, die Teer- und Ammoniakwassergruben mit Standort unter der Erde, wurden im Rahmen des Neubaus, des am Standort stehenden Wohngebäudes demontiert und somit Baufreiheit geschaffen.
Das ehemalige Gaswerksgelände umfasste eine Fläche von ca. 5000 qm.

Erdgasabsatz der Gasstadtwerke Zerbst GmbH